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Kirchnüchel


Nahe der höchsten Erhebung Holsteins, dem Bungsberg (168 m) ragt die Kirche von Kirchnüchel empor.

Als der Bischofssitz schon längst nach Lübeck verlegt worden war, wurde im 13. Jahrhundert in Wendischnüchel erbaut. 1259 wird die Kirche als dem Bischof von Lübeck unterstellt erstmals erwähnt. An dem Gebäude fallen auf der abgeschrägte Sockel, die sorgfältig behauenen Steine, die noch rundbogige ehemalige Männertür auf der Südseite, die drei Rundfenster, das aufwendig überbaute Portal  am Chor, die annähernd gleiche Größe von Chor, Schiff und Turmhalle. Unbeachtet ihres trutzigen Bildes kann man nicht von einer Wehrkirche sprechen. Wohl mögen aber in unruhigen Zeiten die Menschen in der Kirche Zuflucht gesucht und die Türen von innen verriegelt haben, die Löcher in den Wänden neben den Eingängen könnten darauf hinweisen.

Da das zugehörige Kirchspiel ungewöhnlich klein und stets von begrenzter Finanzkraft war, war es - jedenfalls nach der Reformation - die leicht, das Gebäude zu erhalten. Nach Einsturz der Gewölbe wurde ab 1666 die Kirche niedriger und mit einer flachen Balkendecke wiederaufgebaut.1716 wurde der Turm verändert, das Innere u.a. zum Reformationsjubiläum 1817 renoviert. Erst bei der letzten Renovierung ab 1963 wurden die 8 m hohen Gewölbe in frühgotischer Stilvollkommenheit wiederhergestellt.

Wahlfahrtskirche und Predigtsaal

Eine Quelle in der Nähe der Kirche, wohl schon in wendischer Zeit für heilig und heilkräftig gehalten und nach der Christianisierung mit der Jungfrau Maria in Verbindung gebracht, war vermutlich Anlass für den Kirchbau an eben dieser Stelle. Von vornherein als Wallfahrtskirche gedacht,  wurde sie dann nicht in dem entstehenden Siedlerdorf errichtet.
Eine nur 7 cm hohe geschnitzte Madonna mit einem zugehörigen Samtmäntelchen, erinnert noch an die mittelalterliche Marienverehrung an diesem Ort.
Nach dem Wiederaufbau 1666 erhielt die Kirche eine Ausstattung im Barockstil. Davon sind noch in Gebrauch die Taufe sowie der Opferstock im Turmraum. Vollende wurde der Eindruck eines protestantischen Predigtsaals durch einen von dem Lübecker Künstler Bilger 1742 geschaffenen Kanzelaltar. Nur Reste davon sind noch erhalten, namentlich das Predallabild von der Einsetzung des Abendmahls, zwei knieende Engel mit silbernem Kleid und vergoldeter Schärpe sowie die Altarbekrönung, eine Jahwesonne. Die Stellung der Kanzel über dem Altartisch sollte zum Ausdrucke bringen, dass die Verkündigung des Gotteswortes in der Lutherischen Kirche im Mittelpunkt steht. 1866 war statt der Kanzel aber ein Bild des auferstandenen Christus in den Altaraufbau eingesetzt worden.

Die Fenster

Zum Abschluss der letzten Restaurierung stifftete der damalige Besitzer des benachbarten Gutes Grünhaus, der Hamburger Bankdirektor Wilhelm Huth, in den Jahren bis 1971 die Kirchenfenster.

Marc Chagalls Fensterschöpfungen in der Synagoge der Universitätsklinik in Jerusalem, die die zwölf Stämme Israels symbolisch darstellen, inspirierten den Künstler Max Schegulla, einen Freund des damaligen Kirchnücheler Pastors Fitzner, dazu den Glasgemälden für Kirchnüchel.

Die Datstellungen gehen bewußt von einer Gegenständlichkeit ab, wollen aber doch biblische Überlieferung vergegenwärtigen. Im Kirchenschiff rechter Hand ist das Thema: Die Berufung des Mose am brennenden Dornbusch, gegenüber Noah nach der Sintflut mit den Zeichen der Gnade Gottes, Taube und Regenbogen. Hier auf der Nordseite kommt die Farbe Blau besonders stark zur Geltung, in der Tradition die Farbe der Treue.

Die drei Rundfenster über dem Eingang zum Mausoleum erinnern an die Verehrung der Mutter Jesu in dieser St. Marien-Kirche, nämliche: Maria findet den zwölfjährigen Jesus (links) und (rechts) Maria mit Jesus auf der Hochzeit zu Kana, darüber in der Mitte hausgehoben: Maria mit dem Jünger Johannes unter dem Kreuz Jesu.

Das Mausoleum
Ein Kleinod unter den Kunstschätzen in Holstein ist das Mausoleum der Grafen Brockdorff auf Kletkamp, die seit Erwerb des Gutes Grünhaus 1635 das Patronatsrecht in Kirchnüchel innehaben. 1692 wurde die Arbeit an dem Mausoleum begonnen, diese Jahreszahl steht über dem Eingang.
Wenn man die Gruftanlage durch den engen Gang betritt. steht man vor der offenen Gruft mit den Steinsärgen, muss aber sofort den Eindruck von der altarhaften Rückwand aufnehmen
(Reliefbild des Grafen). Der Raum über der Gruft,ganz im Barock, wird getragen von korinthischen Eckpilastern, darüber in den Gewälben Familienmonogramme.
Das Mausoleum steht nicht für sich, sondern ist mit einer Kirche verbunden. Seine Gruft ist offen. In ihr und über ihr gelten die Gesetze der Schwerkraft.

Wer sich aus dem Mausoleum nach rückwärts, d.h. in die Kirche wendet, kommt in diesem Innenraum zwischen schützende Mauern zu stehen, die keine Klagemauern sind, sondern ein Stein gewordenes göttliches Wort.