Knoop







Das nördlich von Kiel unmittelbar am Nord-Ostsee-Kanal gelegene Gut Knoop besitzt mit seinem Herrenhaus

eine der reifsten Leistungen klassizistischer Architektur im Lande. Dessen Baugeschichte ist zugleich verknüpft mit dem Ausbau der Levensau zum Eiderkanal. Um 1800 gehörte Knoop neben Emkendorf zu den bedeutenden Stätten der Adelskultur in Schleswig-Holstein.

Die Lage des Gutshofes erfuhrt durch den Bau des Schleswig-Holstein-Kanals 1777 bis 1784 eine einschneidende Veränderung. Das etwa zehn Jahre später neu errichtete, noch bestehende Herrenhaus wurde mit seiner breiten Gartenfront auf diese technische Großleistung der anbrechenden modernen Zeit ausgerichtet und ein Garten im Landschaftsstil am Kanalufer entlang entwickelt. Der harmonische Zusammenhang zwischen Herrenhaus, Garten und Kanal erlitt allerdings bei der Verbreiterung des Kanalbetts im Zusammenhang mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals 1887 bis 1895 eine empfindliche Störung. Das Herrenhaus geriet in noch größere Nähe zu der internationalen Wasserstraße und büßte einen breiten Gartenstreifen ein.

Vor dem Herrenhaus liegt der Wirtschaftshof. Ein querlaufender gepflasterter Weg, der zwei einander im Osten und Westen gegenüberliegende Hofzufahrten verbindet, unterstreicht die Distanz zwischen Herrschafts- und Wirtschaftsbereich in Gestalt einer Querachse. Die westliche Zufahrt flankieren zwei Kavaliershäuser.

Der 1322 erstmals erwähnte Adelssitz stand von 1400 bis 1613 im Eigentum der Familie Rantzau. Diese ließ wohl in der ersten Hälfte des 16. Jh. eine stattliche Wasserburg errichten, ein zweigeschossiger Bau mit Satteldach und Treppengiebeln, der von einem Hausgraben umschlossen war. Nach mehrfachem Wechsel der Besitzer, die bis auf eine 1707 vorgenommene Erneuerung des Herrenhauses keine Veränderungen durchführten, kam Knoop 1723 an die Grafen von Baudissin. 1776 übernahm Heinrich Friedrich von Baudissin nach Heirat mit Caroline, der ältesten Tochter Heinrich Carl Schimmelmanns, das Gut und gestaltete es mit Hilfe der reichen Mitgift seiner Frau und deren Erbschaftsgeldern durchgreifend neu. Mit der Planung wurde der in Schimmelmanns Diensten stehende Baumeister Carl Gottlieb Horn beauftragt. Horns erste Pläne von 1782/83 bezogen sich auf den Umbau des alten Wohnsitzes.

Bald entschloss man sich, das Herrenhaus gänzlich neu zu bauen. Mit dieser Aufgabe wurde der junge dänische Architekt Axel Bundsen betraut, der das Gebäude zwischen der neuen Querachse des Hofes und dem Kanal plante. Das alte Haus wurde abgerissen und die westliche Hälfte des Hausgrabens zugeschüttet, da der Neubau in diesen Bereich hineinreichte. Nach langwierigem Planungsprozess, der auch während der Arbeiten weiterging und immer wieder zu kostspieligen Veränderungen führte, wurde der Rohbau 1796 vollendet. Der Ausbau zog sich noch bis 1800 hin. Er erfolgte unter Beteiligung der in Emkendorf tätigen Künstler Giuseppe Anselmo Pelicia und Francesco Antonio Tadey. Die Gartengestaltung blieb Horn vorbehalten. Er bezog das Herrenhaus in einen Landschaftspark mit offenen Rasenflächen, Schlängelwegen und Baumgruppen am Kanalufer ein. Finanzielle Schwierigkeiten der Baudissins im fortschreitenden 19. Jh. führten 1869 zum Verkauf des Gutes. 1902 übernahm es der Fabrikant Gerhard Friedrich Hirschfeld, dessen Nachkommen noch heute die Eigentümer sind. Das kostbare Mobiliar des Herrenhauses ging in der Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg verloren.

Das Herrenhaus richtet sich mit seiner Hauptfront zum Hof und mit seiner Gartenfront zum Kanal. Es erhebt sich über einem Kellersockel als verputzter Breitbau mit zwei parallelen flachen Walmdächern. In der rationalen Strenge seiner Gliederung schlagen sich Einflüsse der französischen Revolutionsarchitektur nieder. Die langen Fronten werden durch kräftige, dreiachsige Mittelrisalite (= vor die Fassade tretender Bauteil mit eigener Dachausbildung) mit großen rundbogigen Türen betont, von gleichmäßig gereiten, schmucklosen Fenstern im Hauptgeschoß eingefasst. Die Hofseite beherrscht der mit einer Freitreppe versehene kolossale Portikus (=Eingangsvorhalle in Gestalt einer antiken Tempelfront, in der Regel von Stützen getragen mit Giebelfront) aus vier Säulen mit sandsteinernen Basen und Kapitellen (=zumeist ausladender, geschmückter oberer Abschluss von Pfeilern oder Säulen), darüber ein flacher Dreiecksgiebel. Ihm entspricht an der Gartenseite eine Gliederung aus Kolossalpilastern (=Pfeilerartige Wandvorlagen mit Basis und Kapitell) mit schmalen Kanneluren (= senkrechte konkave Rillen).

Das Innere wird von der klaren Raumaufteilung bestimmt. Die Mitte des Hauses nehmen zwischen den Risaliten das quadratische Vestibül und der dahinter liegende tiefe Gartensaal ein. Beidseitig schließen sich jeweils zwei Raumfluchten an. In der westlichen Hälfte werden sie durch einen Flur getrennt. Dort liegt auch das Treppenhaus neben dem Vestibül. In den Außenachsen befinden sich kleine Eckkabinette mit Nebentreppenhäusern. Die Repräsentationsräume beschränken sich auf das Erdgeschoss. Ihre gegenüber Emkendorf zurückhaltende Dekoration wurde nach Entwürfen Bundsens von den für diese Zeit in Emkendorf beurlaubten Künstlern ausgeführt. Tadey schuf die zumeist strengen, die Architektur unterstreichenden Stukkaturen mit ihren regelmäßigen Formfolgen, während Pellicia Wände, Türen und Decken im selben Stil wie in Emkendorf bemalte.

Nur in einigen Räumen sind die Wandmalereien, Tapeten und Stukkaturen aus der Erbauungszeit des Hauses erhalten geblieben.

Im Vestibül bestimmt eine architektonische Wandgliederung mit flachen Rundbogennischen das Raumbild. Unterhalb des Deckengesimses läuft ein gemalter Tierfries. Der Gartensaal zeigt eine vergleichbare Wandfelderteilung, doch sind hier an den Langseiten vier großformatige, 1799/1800 von Ludwig Phillipp Strack geschaffene Leinwandgemälde mit italienischen Landschaften nach Motiven aus Tivoli und Neapel eingefügt. Diese Ideallandschaften standen in direkter Konkurrenz zur realen Landschaft des Gartens am Kanal, der durch drei große verglaste Türen des Saales wahrzunehmen war. Der reiche Deckenstuck besteht aus kassettierten Blüten und Rosetten über einem umlaufenden schweren Konsolgesims. Westlich folgt ein kleinerer Saal, einst das Speisezimmer. Auffällig ist seine sockellose Wandfeldgliederung durch den reichen Stuckzierat aus pflanzlichen Motiven. Das Mittelfeld an der inneren Längswand enthält eine gemalte Nische mit einer antiken Hirtenstatue. In den stuckierten Supraporten sind Köpfe dargestellt. Die Decke ist mit einer Rosette zwischen Querbändern stuckiert und ergänzend bemalt.

Im Salon auf der anderen Seite des Gartensaales haben sich seltene Papiertapeten der Pariser Manufaktur Revieillon mit dekorativen Motiven aus Hühnervögeln, symmetrischen Blütenranken und Relieftafeln nach Entwürfen vo Jean Baptiste Fay erhalten. Die Tapetenstreifen wurden auf eine Leinwandbespannung geklebt und von Pellicia durch gemalte Felder mit Kandelabern und Medaillons "en grisallie" ergänzt. Die Supraporten versag er mit Kopien antiker Gemälde aus Herkulaneum und die Kehle der Stuckdecke mit einem Vogelfries.

Im ehemaligen Schlafzimmer nebenan befindet sich an der Decke der großen Alkovennische ein von Pellicia gemaltes Rundbild mit der Darstellung der Nacht mit ihren Kindern Schlaf und Tod. Im nordöstlichen Eckkabinett sind die Wände im Pompejanischen Stil bemalt; die Supraporte stelle das Parisurteil dar.



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