Emkendorf








Das südwestlich von Kiel nahe beim Westensee gelegene Gut zählte zu den grössten adligen Besitzungen des Landes.

Um die Wende des 18. Jahrhunderts war es eines der Zentren des geistigen und kulturellen Lebens in den Herzogtümern, geprägt durch die damaligen Besitzer, Fürst Graf Reventlow und dessen Gemahlin Justa, geb. von Schimmelmann. Sie scharten einen großen Freundeskreis aus Philanthropen, Philosophen und Dichtern um sich, darunter die GrafenStolberg, Friedrich Gottlieb Klopstock und Matthias Claudius.

Der Gestaltung des Gutshofes und der reichen Ausstattung des Herrenhauses, die beispielhaft das klassische Bildungs- und Geschmacksideal jener Jahre veranschaulichen, kommt als Zeugnis der Spätzeit der schleswig-holsteinischen Adelskultur unter den Einflüssen von bürgerlicher Aufklärung, Empfindsamkeit und religiöser Erweckungsbewegung eine hohe kulturgeschichtliche Bedeutung zu. Hof und Herrenhaus befinden sich im Privatbesitz, werden jedoch für öffentliche kulturelle Veranstaltungen, insbesondere dem Schleswig-Holstein Musik Festival zur Verfügung gestellt.

Der Gutshof liegt im schmalen Talgrund, einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne am länglichen Hasensee, der einst größer und mit dem Westensee verbunden war. Den Auslauf des Tales tangiert im Südwesten die hier am Hang einer Endmoräne geführte, als eindrucksvolle Allee gestaltete Landstraße von Kiel nach Rendsburg. Ein Rondell bereitet die im spitzen Winkel abzweigende Zufahrtsallee des Gutes vor. Eine zweite führt zu einem Außenhof des Gutes. Die Hauptzufahrt zielt auf die Mitte des Herrenhauses am Ende der langgestreckten, streng axialsymmetrisch gestalteten Hofanlage. Kein Torhaus riegelt sie ab, sondern zwei baugleiche Stall- und Remisenbauten empfangen gastfreundlich den Besucher. Dieser wird zwischen zwei großen giebelständigen Wirtschaftsgebäuden zum Ehrenhof mit dem von zwei Kavaliershäusern flankierten Herrenhaus geleitet. Dahinter breitet sich ein weitläufiger, unter Einbeziehung der umgebenden Natur angelegter Landschaftspark aus und geht allmählich in den Wald über. Der eigentliche Wirtschaftshof mit Wirtschafts- und Wohngebäuden liegt separat im Norden. Alleen verbinden ihn mit dem Haupthof und dem Rondell.

Emkendorf wird 1190 erstmals als Besitz der Herren von Westensee erwähnt. 1469 ging es an die Familie von Ahlefeldt über. Von 1595 bis 1720 war es Eigentum der Rantzaus und soll unter diesen um 1600 das grösste Adelsgut im Lande gewesen sein. Die 1644 abgebrannte und danach wohl wiederhergestellte Hofanlage, über deren Aussehen nichts bekannt ist, wechselte nach 1720 mehrfach den Besitzer. Um 1730 ließ der damalige Eigentümer Feldmarschall Cuno Josua von Bülow ein neues Herrenhaus als dreiflügelige Anlage nach Plänen des hannoverschen Baumeisters Cornelius Gottfried Treu errichten. Der Innenausbau kam aber wohl erst unter Jean Henri Desmercieres nach 1743 zum Abschluss. In diesen Jahren entstanden auch die beiden großen Wirtschaftsgebäude, Kuhhaus und Scheune.

1765 erwarb Detlev Graf Reventlow auf Altenhof das Gut für seinen Sohn Fritz, der 1779 die Tochter Julia des dänischen Schatzmeisters Heinrich Carl Schimmelmann heiratete. 1786 zog das Paar in Emkendorf ein. Ab 1791 erfolgte ein aufwendiger Ausbau von Hof und Herrenhaus durch den Schimmelmannschen Hausarchitekten Carl Gottlieb Horn. Dieser entwickelte die bestehende Anlage weiter, beseitigte ältere Gebäude in dem nun durch ein Gitter abgetrennten Ehrenhof, fügte den Vorhof mit beiden Stall- und Remisenbauten hinzu, modernisierte das Herrenhaus und stattete es zusammen mit dem italienischen Maler Giuseppe Anselmo Pellicia und dem Stukkateur Francesco Antonio Tadey völlig neu aus. Des weiteren entstanden nach seinen Entwürfen der separate Wirtschaftshof und die Alleen und Gartenanlagen im Landschaftsstil. 

Die geradezu museal gestalteten Räume bildeten den Rahmen für die großzügige Gastfreiheit der Reventlows, die Emkendorf neben dem Eutiner Hof zu einem Kristallisationspunkt des geistigen Lebens der Herzogtümer machte und auch französischen Revolutionsflüchtlingen, u.a. Lafayette, vorübergehende Bleibe bot.

Fritz Graf Reventlow wurde nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst 1788 Führer der schleswig-holsteinischen Ritterschaft und als solcher konsequenter Verfechter der Standesinteressen des Adels. So hielt er auch an der Leibeigenschaft bis zu deren Aufhebung 1805 fest.

Im Jahre 1816 und dem gleichzeitigen Versiegen der Schimmelmannschen Erbschaftsgelder endete die große Epoche Emkendorfs.

Spätere Veränderungen am Herrenhaus und Hof blieben zurückhaltend. 1855 wurde die Rückseite des Pferdestalls von Baumeister Johann Friedrich Holm aus Rendsburg um eine Reithalle ergänzt. 1910/11 veränderte der Kieler Architekt Ernst Prinz im Südteil des Herrenhauses einige Erdgeschoßräume und baute den anschließenden Flügel innen und mit einer Arkade an der Gartenseite um. Bei einem Besitzerwechsel 1929 wurden leider Möbel und Kunstwerke verkauft und zerstreut. Ab 1970 wurde an den Gebäuden jahrelang Denkmalpflege bzw. Instandsetzung sowie Restaurierungsarbeiten am Herrenhaus betrieben. Erhebliche Schäden durch einquartierte Flüchtlinge im Jahre 1945 konnten dadurch beseitigt und der ursprüngliche Zustand der Räume wiederhergestellt werden.
 
Das zweigeschossige Herrenhaus ist ein verputzter Breitbau mit schwerem Mansarddach und eineinhalbgeschossigen, von Walmdächern gedeckten Seitenflügeln.

Sein heutiges Aussehen geht im wesentlichen auf Horn zurück, der den spätbarocken Bau im frühklassizistischen Stil überformte. Den überhöhten Mittelteil betonen ionische Kolossalpilaster und ein flacher Dreiecksgiebel. Bis auf die Gesimse und die Fensterscheitelsteine im Erdgeschoß ist die Fassade schmucklos.

An der Gartenseite hat der Risalit einen durchgehenden Balkon mit schmiedeeisernem Geländer, auf den sich drei rundbogige Fenstertüren öffnen.

Die Seitenflügel werden in den Mittelachsen sowie an den Stirnseiten durch klassizistische Portale geschmückt. Im Zusammenhang mit einer um 1850 durch den Rendsburger Baumeister Nicolaus Schernikau vorgenommenen Putzerneuerung kamen an der Hoffassade die Uhr im Giebel und die biedermeierlichen Ornamente vor der unteren Mansarde hinzu.

 Im Inneren wurde bei der Neugestaltung ab 1795 die spätbarocke Raumordnung aufgenommen. So liegen im Mittelteil Vestibül und Gartensaal, darüber im Hauptgeschoß Bibliothek und Festsaal, rechts davon die Treppe. Beiderseits der Haupträume schließen sich Baumfluchten an, die im Erdgeschoß durch Flure getrennt sind. Links von der Diele befinden sich hier die Zimmer des Grafen, rechts die der Gräfin. Das Obergeschoss war Repräsentationsräumen vorbehalten. Hölzerne Wandvertäfelungen und architektonische Gliederungen bilden das Gerüst für die Dekorationsmalerei Pelicias, die später in pompeijanischem Stil auf Leinwandtapeten gemalt wurde. Die Gemälde, neben zeitgenössischen Werken auch Kopien nach Raffael, Gulio Romano und Meistern der Bologneser Schule, sind dieser Innendekoration wandfest einbezogen und durch ihre besondere Anordnung mit neuen allegorischen Bedeutungen unterlegt worden.

Im  Obergeschoss bildet der große, von Horn umgebaute und 1806 eingeweihte Festsaal den Mittelpunkt. Das Dekorationssystem mit einbezogenen Kopien der klassischen italienischen Schule spiegelt die Emkendorfer Geisteswelt.

Nach Süden schließ sich der Blaue Salon an, der als Zimmertheater diente. Der Fensterseite gegenüber befand sich ein schmaler Bühnenraum mit Vorhangrahmen. Zu den folgen kleine Salons, darunter das von Pellicia ausgestaltete Vorhangzimmer mit auf Leinwandbespannung gemalter Wandgliede-rung mim pompejanischen Stil.

Die zum Park gerichtete Zimmerflucht im Nordteil wurde 1806 vollendet. Neben dem Festsaal liegt das rostbraun gehaltene Etruskische Zimmer mit Motiven aus der griechischen Vasenmalerei in der Streifengliederung der Wandbespannung. Terakottaofen vor gemalter Nische und Kasettendecke mit pompejanischen Schwebefiguren.

Das große Speisezimmer zur Hofseite zeigt sich noch im unrestaurierten Zustand. Die Vertäfelung wurde 1797 von Horn geschaffen. Die Ausmalung von Pellicia stellt in den Panneaus vier Musen als pompejanische Schwebefiguren dar.

Unter den Hofgebäuden sind die beiden einander entsprechenden mächtigen, ursprünglich reetgedeckten Backsteinrohbauten, das Kuhhaus von 1730 links und die Scheune von 1745 rechts, noch Teile des alten Wirtschaftshofs, den Horn 1802 erweiterte, indem ereinen von baugleichen Stallungen bzw. Remisen eingefassten Vorhof anlegte.

Zu den herausragenden Baulichkeiten des nördlich abseits gelegenen Außenhofes gehört die Alte Meierei, ein von Horn 1791 errichtetes eingeschossiges Backsteinraufenhaus. Mit seinem zweigeschossigen, rustizierten und übergiebelten Mittelteil bildet es wirkungsvoll den Blickpunkt der Zufahrtsachse. In dem 1796 ebenfalls von Horn erbauten, Klein Emkendorf genannten Gartenhaus hat zeitweilig Matthias Claudias gewohnt. Die kleine eingeschossige Dreiflügelanlage besteht aus einem verputzten, durch Liseren gegliederten Breitbau.
 

Der Landschaftspark geht auf die Planung Horns zurück. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde er weiter ausgebaut. Trotz inzwischen eingetretener Veränderungen und erheblicher Verluste an Strukturen und Baulichkeiten sind dennoch Grundzüge zu erkennen: Hinter dem Herrenhaus erstreckt sich eine große Rasenfläche mit einem Rundweg in die Tiefe. Sie liegt zwischen einer heute bewaldeten Anhöhe rechts und dem langgestreckten Hasensee links, die in den Garten einbezogen waren. Ein künstlicher Bachlauf unterhalb des Hanges, der in den See mündete, ist lange ausgetrocknet. Er wurde einst durch kleine Inseln und Brücken belebt. Auf der Anhöhe findet man Spuren verschwundener Bauten.

Oldbrush's Kommentar:

Auf jeden Fall lohnt es sich - auch wenn ein Betreten des Herrenhaus-Areals dem "normalen" Volk vorbehalten bleibt, den "Hasenpfad" entlang des Sees zu verfolgen! Das Herrenhaus "from Backyard" zu betrachten, ist nicht ganz uninteressant und der Spaziergang in den Wald sehr entspannend.

Wer die Herrenhausmauern von innen betrachten und beurteilen möchte, muss schon eine der erwähnten öffentlichen Veranstaltungen wahrnehmen, die z.B. im Rahmen des S-H.-Musikfestivals stattfinden.

 



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